Zu
Beginn des Jahres 1305 kam ein Bote namens Esquiu de Floryan an den
Hof Jaimes II., König von Aragón. Er berichtete von einer Unterhaltung
mit einem ehemaligen Templer, der seine früheren Brüder der Ketzerei,
Sodomie und Götzenverehrung beschuldigte. Jaime schickte ihn mit dieser
Botschaft nach Paris zu Philipp dem Schönen, der schon Erfahrungen im
Kampf gegen die Kirche gesammelt hatte, indem sein Berater Guillaume
de Nogaret den früheren Papst Bonifaz VIII. ermordet hatte und einen
Ketzerprozess gegen ihn nach seinem Tod erreichte.
Und
auch diesesmal erkannte Nogaret den Nutzen aus diesen Gerüchten und
schreckte nicht vor der Planung zur Plünderung und Vernichtung eines
ganzen Ordens zurück, der den Herrschern Frankreichs durch seine Souveränität
schon lange ein Dorn im Auge war. Zudem befand sich Frankreich in finanzieller
Notlage und der Templerschatz des Ordens in Paris schien geradezu prädestiniert
gewesen zu sein, alle Finanzprobleme Philipps zu lösen.
Doch
Nogaret wußte, daß die Templer nur dann unschädlich gemacht werden konnten,
wenn man die ganze Aktion streng geheim vorbereitet und blitzartig durchführt.
Und nachdem die Aussagen eines verstoßenen Templers wohl kaum für eine
Aussage ausreichen würden, schickte er seine Leute aus, um mehr Belastungsmaterial
herbeizuschaffen. Zudem setzte er Papst Clemens mit einem neuerlichen
Prozess gegen seinen Vorgänger Bonifaz unter Druck.
Nogarets
Männer konnten zahlreiche frühere Tempelritter aufstöbern, die bereit
waren, die belastenden Aussagen Esquiu de Floryans zu bestättigen oder
zu ergänzen. Einige wurden sogar wieder in den Orden eingeschleust,
um zu spionieren oder um Nogaret vor einem eventuellen Durchsickern
seines Planes zu informieren.
Zum
ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurde eine bestimmte "Waffe"
- die Propaganda - derart effizient eingesetzt, daß eine so mächtige
Gemeinschaft wie die Templer überrumpelt werden konnten. Nogaret und
Pierre Dubois verbreiteten Gerüchte über die Templer, die sich aber
noch nie viel um die öffentliche Meinung gekümmert hatten. Nur Papst
Clemens reagierte im Sommer 1307 mit der Ankündigung, eine Untersuchung
der Gerüchte in Auftrag zu geben, die aber erst in der Woche vor der
Verhaftung der Templer anzulaufen begannen, denn er hatte genau so wenig
Ahnung wie die Templer, dass dahinter die Taktik Nogarets stand.
Im
Jahre 1306 wertete König Philipp aufgrund der schlechten finanziellen
Lage abermals den Wert der französischen Münzen ab. Daraufhin kam es
zu Aufständen der Pariser Bevölkerung, vor denen sich Philipp hinter
den starken Mauern des Tempels in Paris versteckte, weil auch der Bau
an seinem Schloss durch die Geldnot eingestellt werden musste. Während
der Zeit seines Aufenthaltes kam der Schatzmeister des Ordens auf die
von Hochmut beflügelte Idee, dem königlichen Gast die Schätze des Ordens
zu präsentieren.
Es
liegt nahe, daß in Philipp ein Gefühl des Neides und der Verhöhnung
aufstieg, und als er wenig später das Templerhaus verlassen konnte,
war sein Zorn weniger gegen seine rebellierenden Mitbürger gerichtet,
als vielmehr gegen die allzu hochmütigen Tempelritter.
Am
14. September 1307 kam es zur entscheidenden Staatsratssitzung, in der
die endgültigen Entscheidungen in der Templeraffäre gefällt wurden.
Die ganze Aktion sollte unter dem Vorwand der Inquisition erfolgen,
denn der französische Großinquisitor Imbert hatte den König aufgefordert,
gegen die ketzerischen Templer vorzugehen. So wurde es zumindest im
Protokoll der Versammlung festgehalten. Nur der Erzbischof Aycelin von
Narbonne, Großsiegelbewahrer und Reichskanzler, weigerte sich, das Dokument
zu unterzeichnen. Daraufhin übertrug Philipp die Aufgaben des Erzbischofs
an seinen Berater Nogaret, der keine Skrupel vor der Unterzeichnung
hatte. Bereits Am 22. September, gingen Dekrete an alle Polizeiführer
des Reiches, ihre Männer für die Morgenstunden des 13. Oktobers bewaffnet
bereitzuhalten. Gleichzeitig erhielten sie ein versiegeltes Schreiben,
das erst am besagtem Morgen zu öffnen war.