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3.5 Reaktionen auf die Verhaftung der Templer

Schon drei Tage nach der Festnahme der Templer gingen Schreiben ins Ausland, um alle Welt über die Verbrechen der Tempelritter aufzuklären und die Könige von England, Aragón und Portugal aufzufordern, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen. Philipp machte ihnen die Verhaftung der Templer durch die Aussicht auf deren Ländereien und Vermögen schmackhaft, doch diese unternahmen vorerst überhaupt nichts.

König Eduard II. war der Erste, der auf die Verhaftungen der französischen Templer reagierte. Er wagte sogar die Habsucht Philipps als Grund für die Festnahmen anzugeben und legte bei befreundeten Königen Protest ein. Am 4. Dezember schrieb er noch an den Papst:

Da der Großmeister und seine Brüder in unserer Richtung als treu im katholischen Glauben und in der Lebensweise gelten, so können wir den Berichten über einen solchen Verdacht keinen Glauben schenken, bis wir klarere Sicherheit haben.

Zuvor hatte Papst Clemens ein Dekret erlassen, mit dem er ein selbstständiges Vorgehen der europäischen Herrscher in der Templeraffäre unterbinden wollte. Er forderte darin alle Fürsten der Christenheit auf, die Templer zu verhaften und samt ihren Gütern der Kirche zu übergeben. Der Papst begründete seinen Schritt mit dem schweren Verdacht der Häresie, der durch die Geständnisse in Frankreich erhärtet worden sei.

Als Eduard diese päpstliche Verordung erhielt, lenkte auch er ein. Er befahl seinen Kommandanten am 20. Dezember die Festnahme aller englischen Templer und legte den 8. Jänner für deren Verhaftung fest. Obwohl als Geheimaktion geplant, drang der Plan zu den Templern durch und so konnten an besagtem Tag nur zweihundertachtzig Templer gefasst werden. Eine verhältnismäßig geringe Zahl, verglichen mit der tatsächlichen Anzahl von Mitgliedern des Tempels in England. Anders wie in Frankreich wurden die Templer milde von ihren Bewachern behandelt. Als der Papst von der großen Anzahl der geflüchteten Templer erfuhr, befahl er Eduard die sofortige Suche nach diesen. Von da an wurden sogar Männer, die einen langen Bart trugen, von der Polizei verdächtigt und eingesperrt, da man einen Templer für gewöhnlich an seinem langen Bart erkennen konnte.

In Deutschland wurden die Tempelritter vor das erzbischöfliche Tribunal in Mainz geladen und erschienen dort nicht als Schuldige oder Verbrecher, sondern in voller Rüstung. Man sprach sie von jeder Schuld frei.

Der portugisische König Diniz lud die Tempelritter des Reiches auf sein prächtiges Schloss und kümmerte sich derweilen um deren Besitzungen. Die portugisischen Templer blieben einige Jahre als Gäste am Hof von König Diniz, bevor sie als Ritter des neugegründeten Christusordens wieder in Aktion traten.

Auch die Könige der beiden anderen iberischen Königreiche Kastilien und Aragón sprachen die Templer von jeglicher Schuld frei, behielten jedoch einen Großteil der Templerbesitzungen für sich selbst ein. Das führte in Aragón zu einem regelrechten Feldzug gegen die Templer, weil sich die freigesprochenen Tempelritter gegen die Ungerechtigkeit von König Jaime zu Wehr setzten und der König eine Templerburg nach der anderen erobern musste.

Nur in Italien wütete die Inquisition mit ähnlicher Grausamkeit wie in Frankreich. Das Herrschergeschlecht der Anjous war direkt verwandt mit König Philipp und stützte somit die Thesen von Paris, ebenso wie die päpstlichen Legaten im Kirchenstaat. Einzig der Erzbischof von Ravenna, der später heilig gesprochen wurde, hatte den Mut, die Templer zu verteidigen.

Insgesamt trat aber das Gegenteil dessen ein, was Papst Clemens sich erwartet hatte. Es kam in vielen Staaten zu Freisprüchen und der Verleumdungsfeldzug richtete sich langsam gegen seine Urheber, gegen den habgierigen französischen König und gegen den schwachen Papst Clemens. Trotzdem wurde, spätestens bis zur Auflösung des Ordens im Jahre 1312, den Templern in ganz Europa der Prozess gemacht.